102-Nietzsche, Private Musick und Göhte

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Gelesen
Irvin D. YalomUnd Nietzsche Weinte

Ein unglaubliches Buch, diese unscheinbare Geschichte über große Denker mit dem betörend schönen Cover. Ein erfolgreicher Wiener Doktor namens Breuer findet sich in den 1880er Jahren – durch die Überzeugungskraft einer ungewöhnlich bestimmten Frau in diese Situation gebracht – als „heimlicher“ Therapeut eines gewissen Friedrich Nietzsche wieder. Dieser leidet unter schrecklichen Migräneanfällen und hunderten damit verbundenen Leiden. Doch diese sind vor allem das Symptom einer ganz anderen, viel verbreiteteren Krankheit: Der Verzweiflung. Als erster Arzt, der mit der sogenannten „Redekur“ bereits erfolgreich Patienten heilte, setzt er sich nun das hohe Ziel, mit gänzlich neuen Methoden auch Nietzsche zu behandeln – und kuriert sich dabei ganz unbeabsichtigt selbst.

Dass die tiefgründigen Gespräche begabter Denker viel Stoff für gute Bücher bieten, ist nicht verwunderlich. Das Grundmotiv “Werde der, der du bist” wird hier zum philosophischen Licht am Ende des Tunnels – nichts Geringeres als der Sinn des Lebens wird hier, nahezu heimlich, verhandelt. Und wie Breuer mag so mancher sich dabei langsam und unbemerkt vom Leser zum Gelesenen gewandelt fühlen. Yalom widmet sich der, ebenfalls heimlichen, Psychotherapie seiner gesamten Leserschaft. Dies ist eines der allzu raren Bücher, die das Potenzial haben, das Leben ihrer Leser/innen nachhaltig zu verändern.

Gehört

Dorothee Oberlinger (Homepage)/Vittorio Ghielmi (Homepage) – The Passion of Musick (Spotify)

Dorothee Oberlinger und Vittorio Ghielmi präsentieren Musik aus dem 17. Jahrhundert Englands. Beide bringen ihre jeweiligen Ensembles mit. Das Ensemble 1700 und das Ensemble Il Suonar Parlante. Alles was im 17. Jahrhundert in England so in war, kommt hier vor. Eine große Bandbreite der Musik wird einem hier auf historischen Instrumenten dargeboten. So geht es denn auch vom eher gediegenen Barock, bis zu Stücken die ganz klar von der keltischen Musik inspiriert wurden. Das England des 17. Jahrhunderts war geprägt von so genannter ‚Private Musicke‘, das war Kammermusik die von Menschen gemacht wurde, die sich die Instrumente leisten konnten, auf denen gespielt wurde und die die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung hatten. Flöten, Harfe und Viola waren besonders angesagt zu dieser Zeit. Kompositionen von Werken der damals angesagten Komponisten Matthew Locke, Tobias Hume, John Adams, Henry Purcell oder Orlando Gibbons kann man hier hören. Und die haben sich an der Musik bedient die damals so ‚in‘ war. Eingängige Melodien, traditionelle Tänze und Lieder aus der keltischen Musik waren die bevorzugten Quellen, derer man sich bediente. All das kann man auf dieser Aufnahme hören. Alte-Musik auf historischen Instrumenten, die mal nicht Bach, Händel oder Vivaldi zelebriert, sondern Musik die Alt ist, aber für viele wahrscheinlich trotzdem neu sein wird.

Gesehen

Fack Ju Göhte (IMDb)

Wer mal wieder richtig herzhaft einen ganzen Film lang lachen will, ist hier richtig aufgehoben. In Fack Ju Göhte geht es um Zeki Müller, gespielt vom großartigen Elyas M’Barek, der nach einem Bankraub gerade aus dem Gefängnis kommt und nun seine vorher vergrabene Beute holen will. Blöd nur, dass die Goethe Gesamtschule in der Zwischenzeit ihren Neubau auf genau diese Stelle gesetzt hat. So findet sich Zeki plötzlich als Aushilfslehrer wieder, der sich die Nächte damit um die Ohren schlägt, heimlich einen großen Tunnel unter der Schule zu graben. Als Schulabbrecher fällt ihm das erst nicht leicht, durch seine Erfahrung mit dem Aufwachsen auf der Straße hat er aber einen entscheidenden Vorteil gegenüber den spießigen Lehrer/innen: Er macht sich keine Sorgen um Regeln und Anweisungen, sondern begegnet besonders den schwierigen Schülern auf Augenhöhe, selbst der berüchtigten 10b. Danach verliert es sich ein wenig zwischen kitschiger Lehrer-rettet-Problemschüler-und-alles-wird-gut-Geschichte und Lovestory, bleibt aber durchgehend unheimlich lustig, mit tollen Schauspielern (z. B. Katja Riemann und Karoline Herfurth) und liebevollen Details. Hier waren Menschen mit viel zwiespältiger Liebe für Schule und Jugend am Werk, und selbst die Drehbuchautoren haben am Ende “echte” Jugendsprache gelernt. Übrigens ist für 2015 ein zweiter Teil angekündigt!

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2 Replies to “102-Nietzsche, Private Musick und Göhte”

  1. Simon

    Eine tolle Folge!
    Da ich mich seit einiger Zeit für Alte Musik und historische Aufführpraxis interessiere, bereitete mir euer „Gehört“ dieses Mal besondere Freude!
    Auch im neuen Namensgewand ein sehr hörenswerter Podcast.
    Macht gerne weiter so!

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