Schlagwort: Chilly Gonzales

  • Feuilletöne – Sendung 273 – Juna Grossmann, Chilly Gonzales, Delvon Lamarr Organ Trio, Aufschneider und Dat Blonde

    Wir haben diesmal ein wichtiges Buch über ein wichtiges Thema gelesen, nämlich über das Thema Antisemitismus, es heißt ‚Schonzeit Vorbei‘ und ist von Juna Grossmann. Außerdem haben wir ‚Solo Piano III‘ von Chilly Gonzales und ‚Close but no Cigar‘ vom Delvon Lamarr Trio gehört, den Zweiteiler ‚Aufschneider‘ gesehen und ‚Dat Blonde‘ von der Liebhart’s Privatbrauerei verkostet.

    Gelesen

    Juna Grossmann – Schonzeit Vorbei (Droemer Knaur)

    Juna Grossmann wurde 1976 in (Ost-)Berlin geboren. Sie hat Sonderpädagogik studiert und arbeitet seit vielen Jahren in Gedenkstätten und Museen. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin erstellte sie die Ausstellung ‚Kriegsgefangene Rotarmistinnen im KZ‘. Sowjetische Militärmedizinerinnen in Ravensbrück.‘ Seit 2009 leitet sie das Ausstellungsbüro eines Berliner Museums. Außerdem ist sie Beraterin für Social-Media-Auftritte für Gedenkstätten und Kultureinrichtungen. Seit 2008 betreibt Juna Grossmann den Blog irgendwiejuedisch.com und engagiert sich ehrenamtlich bei rentajew.org.

    Juna Grossmann beobachtet seit Jahren, wie offene judenfeindliche Angriffe zunehmen, lauter werden und bedrohlicher. In diesem Buch schildert sie wie Juden unter diesem zunehmend permanenten antisemitischen Beschuss leben müssen, berichtet vom Wachsen einer Angst, die sie vor einigen Jahren noch nicht kannte, und davon, wie sie eines Tages merkte, dass auch sie mittlerweile auf gepackten Koffern lebt, bereit zur Flucht vor eben diesem Hass. Weil sie sich aber damit nicht abfinden will, geht sie in die Öffentlichkeit, schreibt  dieses Buch und appelliert an die Mitbürger: „Steht zu uns, helft uns, greift ein! Denn auch für euch ist die Schonzeit vorbei.“

    Links zum Thema:

    Kompetenzzentrum Prävention und Empowerment der ZWST e.V.

    Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS)

    Amadeu Antonio Stiftung

    Antidiskriminierung in der Arbeitswelt

    Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus

    Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V.

    Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus

    Gehört

    Chilly Gonzales – Solo Piano III

    Chilly Gonzales heißt eigentlich Jason Charles Beck und wurde 1972 in Montréal geboren. Er ist Pianist, Produzent und Komponist. Derzeit lebt er in Köln und lebte zuvor mehrere Jahre in Paris. Bekannt ist er für seine Alben mit eingängigen, klassischen Klavierkompositionen, vor allem auf den Alben ‚Solo Piano I‘ aus dem Jahre 2004 und ‚Solo Piano II‘ aus dem Jahre 2012. Gonzales ist Teil der Sendung ‚Pop Music Masterclass‘ des WDRs, des Dokumentarfilms ‚Classical Connections‘ von BBC Radio 1, ‚Die Geschichte der Musik‘ von Arte und ‚Music’s Cool with Chilly Gonzales‘ der Beats1-Radioshow von Apple Music. Er schrieb mehrere Zeitungsartikel für The Guardian, Vice, Billboard und andere. Er ist der jüngere Bruder des erfolgreichen Filmkomponisten Christophe Beck.

    Wie schon auf den vorangegangenen ‚Solo Piano I‘ und ‚Solo Piano II‘, hört man hier ausschließlich Chilly Gonzales das Piano spielen – wie der Titel  auch schon vermuten lässt. Es finden sich aber ein paar mehr Dissonanzen, Spannungen und impressionistische Ausflüge als auf den beiden vorangegangenen Alben dieser Art. Es scheint, als wäre er musikalisch ein bisschen mutiger geworden. Das erzeugt musikalische Spannung in den einzelnen Stücken und trägt auch dazu bei, dass es nicht langweilig wird. Und so spielt sich Chilly Gonzales durch die unterschiedliche Epochen der klassischen Klaviermusik. Ob das alles für den grünen Klee reicht?

    Delvon Lamarr Organ Trio – Close but no Cigar

    Delvon Lamarr Organ Trio oder auch DLO3 ist eine 2015 gegründete amerikanische Soul-Jazz-Gruppe. Die Band bestand ursprünglich aus dem Keyboarder Delvon Lamarr an der Hammond Orgel, dem Gitarristen Colin Higgins und dem Schlagzeuger David McGraw. Schon bald ersetzte der Jimmy James Colin Higgins. Ende 2018 ersetzte Schlagzeuger Doug Octa Port McGraw. Alle Mitglieder stammen aus der Musikszene von Seattle. Ursprünglich war Delvon Lamarr Schlagzeuger und Trompeter, wechselte aber im Alter von 22 Jahren zur Orgel. Die Band tourte sowohl durch die USA als auch international und trat bei verschiedenen Musikfestivals auf.

    ‚Close But No Cigar‘ ist das erste Studioalbum des Trios, es wurde im Frühling des Jahres 2018 veröffentlicht. Im selben Jahr veröffentlichte die Band bereits ein Live-Album mit dem Titel ‚Live at KEXP!‘ Soul Jazz ist es, was die geneigten HörerInnen hier zu hören bekommen. Und der Name ist Programm. Die Musik tief im Funk der 60er und 70er Jahre verwurzelt und ausschließlich instrumental. Der Bass wird vollständig von Delvon Lamarr mit der Hammond-Orgel gespielt, was allein schon ziemlich faszinierend ist, aber auch die anderen beiden Musiker sind phantastisch. Dieses Album ist noch mit Port McGraw am Schlagzeug entstanden, der ja mittlerweile nicht mehr Teil der Band ist. Close But No Cigar heißt in etwa so viel wie fast gut oder fast richtig. Gilt das auch für das Album?

    Gesehen

    Aufschneider

    Bei ‚Aufschneider‘ handelt es sich um einen zweiteiligen österreichischen Fernsehfilm von David Schalko und Josef Harder, aus dem Jahre 2009. Dieser Zweiteiler handelt vom Chef der Pathologie eines Krankenhauses in Österreich Dr. Fuhrmann. Sein Gegenspieler in dieser Klinik ist der Chirurg Dr. Böck. Da sich beide nicht mögen, versucht Fuhrmann fortwährend Dr. Böck einen Kunstfehler nachzuweisen. Außerdem zieht seine Tochter Feli plötzlich zu ihm und wirft ein Auge auf den neuen Assistenten Winkler, was ihm missfällt. Dazu hat die Ex-Frau ausgerechnet mit Primar Dr. Böck eine Affäre. Zudem entführt Fuhrmanns Kollegin Dr. Wehninger ihren toten Vater aus der Pathologie, um ihn nicht obduzieren zu müssen. Gemeinsam wird der Leichnam unter etlichen Umständen wieder zurückgebracht. Das Ganze fliegt jedoch auf und Dr. Fuhrmann wird suspendiert. Dr. Böck operiert indessen einem Gaddafi-Sohn das falsche Knie und wird ebenfalls suspendiert. Außerdem ist Dr. Fuhrmanns Ex-Frau Schwanger, was die Beziehung zu Dr. Böck mehr und mehr belastet. Auch Fuhrmann ist von dieser Nachricht nicht begeistert. Hinzu kommt eine plötzliche Schwangerschaft von Tochter Feli. Während einer Liebesnacht mit Dr. Wehninger entdeckt Fuhrmann eine Veränderung an seiner Brust und versucht sich am nächsten Tag selbst zu operieren. Nachdem er dabei kollabiert, wird er von Dr. Böck gerettet. Und dann gibt es da noch einen Handel mit Hornhäuten von Verstorbenen durch die beiden Gehilfen der Pathologie und die Bestatterin Anke.

    Verkostet

    Liebharts Privatbrauerei – Dat Blonde

    Wir sind mal wieder bei der Liebhartsbrauerei und haben diesmal ‚Dat Blonde‘ verkostet. Es ist vegan, unfiltriert, wird aus Zutaten aus ökologischem Landbau gebraut und ist extra lange gereift. Es wird Hallertauer Aromahopfen verwandt.

  • 112-Franz Kafka, The Chopin Project und Transparent

    Neuigkeiten

    Gabriel Fauré wäre am 12. Mai 170 geworden
    Berliner Philharmoniker wählten erstmal niemanden zum Nachfolger von Simon Rattle
    In Wien übt man sich in Toleranz, und fängt schon mal bei den Ampeln an!
    B.B. King ist tot

    Gelesen

    Franz KafkaBlumfeld, ein älterer Junggeselle (DigBib.Org)

    Die Erzählung fängt damit an, dass sich Herr Blumfeld Gedanken darüber macht, sich einen Hund als Begleiter anzuschaffen. Wegen der zu erwartenden Unannehmlichkeiten verwirft er diese Idee aber wieder.
    Als er sein Zimmer betritt, sind dort zwei Tischtennisbälle, die ohne Fremdeinwirkung auf und ab springen. Von nun an halten sie sich immer knapp hinter ihm und lassen sich nicht abschütteln. Er versucht sie zu einzufangen, was ihm sogar bei einem von ihnen gelingt, dann wiederum findet er es „zu entwürdigend, solche Maßnahmen gegen zwei kleine Bälle zu ergreifen“ und gibt es auf sie zu fangen. Nicht ohne den Hintergedanken, dass er sie sehr zeitnah zerstören wird. Da die Bälle auch des Nachts unter seinem Bett auf und ab springen, legt er zwei Teppiche unter sein Bett, um die Geräusche zu dämpfen. Am nächsten Morgen sperrt er die Bälle in seinem Kleiderschrank ein, bevor er seinen Weg zur Arbeit antritt. Da er die Bälle nach seiner Rückkehr nicht mehr vorfinden möchte, beschließt er, sie dem Jungen seiner Putzfrau zu schenken, und sagt den Kindern aus dem Haus, sie mögen sich die Bälle aus seinem Zimmer zu holen.
    Auch in seinem Beruf als Angestellter in einer Wäschefabrik, der Heimarbeiterinnen abfertigt und auszahlt, ist er nicht glücklich. Nach langen Kämpfen hat man ihm zur Unterstützung zwei Praktikanten zugewiesen. Aber er ist unzufrieden mit den doch sehr kindlichen Helfern. Es kommt zu sehr skurrilen Szenen, in denen er nur schwer alles unter Kontrolle hält. Eine wunderbare Erzählung, die das Scheitern und die Einsamkeit auf ganzer Linie thematisiert.

    Gehört

    Ólafur Arnalds (Homepage)/Alice Sara Ott (Homepage) – The Chopin Project (Spotify)

    Es handelt sich hier um Aufnahmen von Chopins Klavierkompositionen, sowie Eigenkompositionen von Arnalds nach Motiven von Chopin. In einem Fall, nämlich beim Nocturne in C-Moll, ist sogar beides kombiniert, also eine Mischung aus eben jenem Werk Chopins kombiniert mit eigenen kompositorischen Ideen Arnalds. Er verwendete verschiedene historische Klaviere, die er alle an verschiedenen Orten mit verschiedenen Mikrofonen aufgenommen hat. Das trägt natürlich zu dieser sehr eigenen Atmosphäre bei, die dieses Album umgibt. Dazu gibt es eine Ambient-Klanglandschaft aus allerlei Geräuschen, die dem ganzen übergestülpt werden. Zwei immer wiederkehrende Themen umrahmen das Album. Das wirkt manchmal ein wenig überladen. Streicher und Chopin, das ist nicht ganz ungefärlich, da wird es leicht kitschig. Nicht immer gelingt es den beiden, das zu verhindern. Trotzdem verdient dieses Album viel Lob, denn es ist ein Versuch, eine Idee, die erstmal da sein muss. Die Umsetzung ist mutig, denn in der Form gab es das wohl so noch nicht. Insofern ist es vielleicht der Anfang von etwas. Wunderbare Idee, die vielleicht noch ein oder zwei Alben braucht bis sie zu dem wird was sie vielleicht werden soll. Nichtsdestotrotz, wundervolle Musik.

    Gesehen

    Transparent – Staffel 1 (IMDb)

    Transparent (schon der Titel ist genial!) erzählt die Geschichte der Familie Pfefferman, deren Vater zu Beginn der Serie seiner Familie eröffnet, dass sie sich schon immer als Frau identifizierte und nun auch als solche leben möchte. Ihre drei Kinder, Sarah, Josh und Ali sowie der Rest der Familie gehen damit sehr unterschiedlich um und im Verlauf der Serie wird klar, dass Gender, Geschlecht, Sexualität, Intimität nur einige der vielen Faktoren sind, die einen Menschen ausmachen und uns beim Finden und Konstruieren unserer Identität immer wieder vor zwischenmenschliche Herausforderungen stellen – und nie so einfach und eindeutig sind, wie es uns die Gesellschaft häufig vorspielt.
    Unfassbar, was Amazon da in Eigenproduktion geschaffen hat. Eine wahre Perle, etwas ganz Neues. Einfühlsam, vielfältig, komplex, witzig, traurig, menschlich, leidenschaftlich und sehr mutig – hier liegt Potenzial zur besten (Comedy-)Drama-Serie dieses Jahrzehnts und man möchte fast sagen, es läutet eine neue Ära des Qualitätsfernsehens ein. Die schauspielerische Leistung, allen voran des so charismatischen Jeffrey Tambor, die ehrlichen und mutigen Szenen menschlicher Intimität, der Humor, die zauberhafte Atmosphäre, der berührende Soundtrack, die vor Traurigkeit wie auch Freude zu Tränen rührenden Dialoge… und das alles, ohne auch nur einmal kitschig zu werden! Es gibt einfach nicht genug Klee, über den man diese Serie loben müsste. Sie reißt Wunden auf und sie heilt zur gleichen Zeit. Das einzige Manko ist, dass die erste und bisher einzige Staffel nach 10 Folgen, also ca. 5 Stunden, viel zu schnell vorbei ist!

    Empfehlungen

    22. Mai um 20.10 Uhr im DLF Best of Mao, Hitler, Stalin – Diktatoren als empfindsame Künstler
    31. Mai um 18.30 Uhr im DKultur: Traurigkeit und Melancholie
    Chilly GonzalesChambers (Homepage) (Spotify)
    – William Youn – William Youn plays Mozart Sonatas (Homepage) (Spotify)