Episoden

  • Anna Stern, Talk Talk, Doctor Who – Staffel 9, Tomatin 11 SC

    Wir lasen in unserer 295. Episode ‚Wild wie die Wellen des Meeres‘ von Anna Stern, hörten ‚The Colour of Spring‘ von Talk Talk, sahen die neunte Staffel der Serie ‚Doctor Who‘ und verkosteten eine 11-jährige Single-Cask-Abfüllung der Brennerei Tomatin.

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    Anna Stern – Wild wie die Wellen des Meeres (Salisverlag)

    Anna Stern wurde 1990 in Rorschach geboren, lebt mittlerweile aber in Zürich. Sie studierte Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich. 2017 nahm sie an der Kunstausstellung EAM Science Meets Fiction mit den Kurzgeschichten ‚Karte und Gebiet‘ und ‚Quecksilberperlen‘ teil. 2014 erschien ihr erster Roman ‚Schneestill‘, 2017 folgte der Erzählband ‚Beim Auftauchen der Himmel‘. Sie ist die Gewinnerin des 3sat-Preises beim Bachmannpreis des Jahres 2018. Die Arbeit an ‚Wild wie die Wellen des Meeres‘ wurde von der Pro Helvetia und dem Kanton St. Gallen unterstützt.

    Wild wie die Wellen des Meeres

    Der Roman erzählt die Geschichte eines jungen Paares von ihrem vermeintlichen Ende hin zu ihren Anfängen. Sie handelt vom Umgang mit Trauer, der Unausweichlichkeit der Vergangenheit und von der trügerischen Authentizität von Erinnerungen. Im Zentrum des Romans steht Ava, die der Enge der Beziehung mit Paul und der Kleinstadt entfliehen möchte. Sie macht sich auf den Weg in die schottischen Highlands, um dort ein Praktikum auf einer Feldstation in einem Biosphärenreservat zu absolvieren. Während sie nun in der Natur zu sich findet und ihre Vergangenheit hinter sich lassen will, bleibt Paul zurück in Rorschach, kämpft um die Liebe beider und eine gemeinsame Zukunft.

    Interessant ist auch, dass die Charaktere Paul und Ava den Leserinnen und Lesern bereits aus Anna Sterns ‚Der Gutachter‘ bekannt sind. Auch Protagonisten aus ihrem ersten Roman ‚Schneestill‘ sowie aus ihren Erzählungen treten in diesem Roman auf. Ob ‚Wild wie die Wellen des Meeres‘ sich ohne Vorkenntnisse ebenso erschließen lässt, das klären wir in dieser Episode.

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    Talk TalkThe Colour of Spring

    Talk Talk wurde 1981 gegründet und bestand aus Mark Hollis (Gesang, Gitarre, Klavier), Lee Harris (Schlagzeug) und Paul Webb (Bass). Mit den Singles ‚Talk Talk‘ aus dem Jahre 1982, ‚It’s My Life‘, ‚Dum Dum Girl‘, ‚Renée‘ und ‚Such a Shame‘ aus dem Jahr 1984 erzielte die Gruppe bereits mit den ersten beiden Alben Chart-Erfolge. Mit den Singles ‚Life’s What You Make‘ und ‚Living in Another World‘ haben sie in Europa und UK weitere Erfolge erzielt.

    1988 veröffentlichten sie ihr viertes Album ‚Spirit of Eden‘, was von der Kritik hoch gelobt wurde, aber kommerziell weniger erfolgreich war, vor allem aber Pionierarbeit in Richtung Post-Rock leisten konnte. Streitigkeiten mit dem Label der Band, EMI, führten zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Webb verließ die Band, und diese wechselte zu Polydor um das letztes Album, ‚Laughing Stock‘ im Jahr 1991 zu veröffentlichen. Danach löste sich die Band auf. Sänger Mark Hollis veröffentlichte 1998 noch ein Soloalbum, bevor er sich aus der Musikindustrie zurückzog. Paul Webb und Lee Harris spielten danach noch in mehreren Bands zusammen. Im Jahre 2019 starb Sänger und Gitarrist Mark Hollis.

    The Color of Spring

    ‚The Color of Spring‘ ist das dritte Studioalbum der Band Talk Talk, veröffentlicht im Jahre 1986. Musikalisch entfernten sich Talk Talk mit diesem Album vom Synthie-Pop des ersten und den New Wave-Einflüssen des zweiten Albums. Zunehmend fanden Gitarren, Piano und Orgel bei Songs wie ‚Life’s What You Make It‘, ‚Living in Another World‘ oder auch ‚Give It Up‘ Verwendung. Der Sound wurde organischer und Improvisationen spielten eine größere Rolle.

    Das Album wurde zum meistverkauften Studioalbum der Band und erreichte die Top 20 zahlreicher Länder. Es schaffte es auf Platz 1 der niederländischen Charts. In UK erreichte es Platz 8, in den USA war es das letzte Album der Band, das die Billboard 200 erreichten konnte. In Deutschland erreichte das Album Platz 11, in Österreich Platz 16 und in der Schweiz Platz 3. Sowohl ‚Life’s What You Make It‘ als auch ‚Living in Another World‘ wurden Singlehits. Das Albumcover wurde wie die übrigen Cover der Band von James Marsh entworfen.

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    Doctor WhoStaffel 9

    Doctor Who ist eine britische Science-Fiction-Fernsehserie, die seit 1963 von der BBC produziert wird. Die Serie handelt vom gleichnamigen Zeitreisenden, der nur als ‚Der Doktor‘ bekannt ist, allerdings im Laufe der Jahre von verschiedenen Schauspielern verkörpert wurde. Der Doktor reist mit seinen Begleitern in der Zeit-Raum-Maschine TARDIS – eine Abkürzung für „Time And Relative Dimensions In Space“ -, die wie eine alte britische Polizei-Notrufzelle aussieht, und wird dabei in verschiedene Abenteuer verwickelt. Es handelt sich beim Doktor immer prinzipiell um dieselbe Person, die aber durch Inkarnation immer wieder unterschiedlich aussieht und sogar unterschiedlichen Geschlechts sein kann. Die Serie wurde zunächst von 1963 bis 1989 durchgehend ausgestrahlt. 1996 gab es einen Fernsehfilm. Seit 2005 wird die Serie in einer Neuauflage wieder fortgesetzt.

    Der erste Doktor wurde zwischen 1963–1966 von William Hartnell verkörpert, es folgten Patrick Troughton, Jon Pertwee, Tom Baker, Peter Davison, Colin Baker, Sylvester McCoy, Paul McGann; dann in der Neuauflage Christopher Eccleston, David Tennant, Matt Smith, John Hurt und Peter Capaldi. Seit 2017 spielt Jodie Whittaker den dreizehnten Doktor, sie ist die erste weibliche Inkarnation der Figur.

    Doctor Who ist die bisher am längsten laufende und erfolgreichste Science-Fiction-Fernsehserie und steht damit im Guinness-Buch der Rekorde. Auch ist sie ein wichtiger Teil der britischen Popkultur. Sie nahm Einfluss auf Generationen britischer Fernsehproduzenten, -autoren und -darsteller, die mit Doctor Who aufwuchsen. Die Fans der Serie und des auf ihr basierenden fiktiven Universums – was Whoniverse genannt wird – werden als Whovians bezeichnet. Die Serie erhielt Preise von Kritikern und von Zuschauern, z. B. die BAFTA-Auszeichnung für die beste Dramaserie 2006, und gewann seit 2005 fünfmal in Folge den National Television Award in der Kategorie Drama.

    Staffel 9

    Die neunte Staffel Doctor Who hatte im Herbst 2015 mit ‚The Magician’s Apprentice‘ Premiere und endete im Dezember des selben Jahres mit der Episode ‚Hell Bent‘. Die Serie wurde von Steven Moffat und Brian Minchin geschrieben. Nikki Wilson, Peter Bennett und Derek Ritchie dienten als Produzenten. Die Serie ist nach der Wiederbelebung dieser Serie im Jahr 2005 die neunte und insgesamt die fünfunddreißigste Staffel. Es ist die zweite Stafffel mit Peter Capaldi als zwölftem Doktor. Außerdem spielt Jenna Coleman zum letzten Mal Clara Oswald. Die Geschichte der Serie handelt vom Rätsel des Hybriden, einer Kombination zweier großer Kriegerrassen. Die Forschungen des Doktors führen ihn letztendlich zurück zu seinem Heimatplaneten Gallifrey.

    Verkostet

    Tomatin 11 SC

    1897 begann die Brennerei zu produzieren, 1906 ging sie aber schon wieder bankrott, wurde aber bereits 1909 wieder eröffnet. Bis zum Jahr 1956 zählte sie mit zwei Brennblasen zu den kleineren Destillerien. Es kamen dann zwei Brennblasen hinzu. 1958 wurden zwei weitere eingebaut. 1961 wurden erneut vier Brennblasen hinzugefügt und 1964 gar durch eine weitere ergänzt. Damit war Tomatin zumindest kurzfristig die einzige schottische Whiskybrennerei mit einer ungeraden Anzahl von Stills. 1974 wurden wiederum drei weitere Brennblasen eingebaut und die eigene Mälzerei stillgelegt, seitdem wird das Malz von den Glen Ord Maltings bezogen. Zum damaligen Zeitpunkt war Tomatin die größte schottische Destillerie mit einem Jahresausstoß von 12 Millionen Liter Alkohol pro Jahr.

    1985 war Tomatin mal wieder insolvent und wurde 1986 von japanischen Kapitalgebern übernommen, die wiederum neun weitere Brennblasen einbauten. Tomatin wurde damit zur ersten schottischen Whiskybrennerei, deren Eigentümer aus Japan kommen. Gemessen am Ausstoß, gehört sie heute zu den zehn größten Brennereien Schottlands. Wir haben den 11-jährigen verkostet, der mit 59,1 % abgefüllt wurde, es handelt sich um eine Single-Cask-Abfüllung. Der Malt ist nicht gefärbt oder kühlgefiltert.

  • Gabriele Tergit, Gidon Kremer, Mieczysław Weinberg, Daniel Sloss und Teeling 15

    Die freien Tage sind vorbei und wir sind wieder am Start! In unserer 294. Episode lasen wir ‚Effingers‘ von Gabriele Tergit, hörten ’24 Preludes Op. 100′ von Mieczysław Weinberg, gespielt von Gidon Kremer, sahen ‚Jigsaw‘ von Daniel Sloss und verkosteten den 15-jährigen Teeling.

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    Gabriele Tergit – Effingers (Schöffling und Co)

    Gabriele Tergit wurde 1894 in Berlin geboren. Sie war eine deutsch-britische Schriftstellerin und Journalistin, bekannt wurde sie vor allem für ihre Gerichtsreportagen. Als Schriftstellerin wahrgenommen wurde sie für ‚Käsebier erobert den Kurfürstendamm‘. Nachdem Frauen nach dem Ersten Weltkrieg auch in Deutschland endlich studieren durften, holte sie das Abitur nach und studierte ab 1919 Geschichte, Soziologie und Philosophie in Berlin, München, Heidelberg und Frankfurt am Main, wo sie 1923 in Geschichte promovierte.

    Nach dem Studium begann sie mit Gerichtsreportagen für den Berliner Börsen-Courier. Ihre erste feste Anstellung als Reporterin erhielt sie 1924 von Theodor Wolff, dem damaligen Chefredakteur des Berliner Tageblatts. Freiberuflich arbeitete sie bis 1933 als Journalistin für diverse andere Berliner Zeitungen und schrieb u. a. Gerichtsreportagen und Berichte für den Berliner Börsen-Courier, die Vossische Zeitung und die Kulturzeitschrift Die Weltbühne.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte sie nur noch kurz, ihre Reportagetätigkeit wieder aufzunehmen. Sie erlebte den ersten Prozess gegen Adolf Hitler, der zusammen mit Goebbels wegen eines Pressevergehens angeklagt war. Die daraus folgende Reportage und andere Artikel über die völkische Bewegung und die Nazis veranlassten die Nazis, sie auf ihre Gegnerliste zu setzen. Am 5. März 1933 um drei Uhr morgens überfiel die SA die Tergit-Reifenbergsche Wohnung in Siegmundshof in Berlin-Tiergarten. Die SA scheiterte an der mit Eisenbeschlägen verstärkten Tür. Ein Kollege vom Berliner NSDAP-Blatt ‚Angriff‘ gab ihr den Tipp, sich an den neuen Polizeireferenten Hans Mittelbach zu wenden, der ihr wiederum die noch sozialdemokratisch dominierte Schutzpolizei empfahl, die für eine kurze Zeit weitere Überfälle abwenden konnte.

    Gabriele Tergit sagte später: „Ich roch, dass so ein gewaltiger Hass, wenn freigegeben, zu Mord führen musste“, und floh daraufhin mit ihrem Sohn nach Spindlermühle. Den Rest ihres Lebens verbrachte sie mit nahezu zwanzig unterschiedlichen Adressen im Exil. Ihr Mann bekam einen Architekturauftrag in Palästina und emigrierte daraufhin dorthin. Nach einem Aufenthalt in Prag folgten Gabriele Tergit und der Sohn ihm im November 1933. 1938 übersiedelten sie nach London. Dort wurde sie 1957 vom P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland als bestellte Sekretärin gewählt. Dieses Amt hatte sie bis 1981 inne. 1977 wurde sie im Rahmen der „Berliner Festwochen 1977“ wiederentdeckt: Das Feuilleton feierte sie als Neuentdeckung des Jahres, und ihre Romane wurden neu aufgelegt. Es gelang ihr, für mehrere alte Romanmanuskripte Verlage zu finden und sie schrieb ihre Autobiographie. Diese Werke erschienen jedoch alle erst nach ihrem Tod im Jahre 1982.

    Es handelt sich bei ‚Die Effingers‘ um einen Familienroman – eine Chronik der Familie Effinger über vier Generationen hinweg. Außer dass sie Juden sind, unterscheidet sich ihr Leben in nichts von dem anderer gebildeter Bürger im Berlin der Jahrhundertwende. Es geht um Glück, Schmerz, Leichtsinn, Erfolg und Scheitern, wie anderswo auch. Ein typisch deutsches Bürgerschicksal in Berlin.
    Als sich dann der Nationalsozialismus breitmacht, wird die Geschichte der Effingers von einer deutschen zu einer jüdischen. Wer wachsam ist, wandert aus.
    Die Geschichte der Familie Effinger beginnt mit einem Brief des 17-jährigen Lehrlings Paul Effinger, und ebenso endet sie mit einem Brief: dem Abschiedsbrief des nunmehr 80-Jährigen kurz vor seiner Deportation in die Vernichtungslager. ‚Die Effingers‘ ist der zweite Roman von Gabriele Tergit. Sie hat ihn 1931 begonnen und er ist erst 1951 erschienen. Die Geschichte umfasst den Zeitraum zwischen 1878 bis 1948. Zum Zeitpunkt des Erscheinens kam das Buch beim Publikum zunächst überhaupt nicht an. Es wurde im Jahr 2019 schließlich von Schöffling und Co. neu aufgelegt.

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    Gidon KremerMieczysław Weinberg – 24 Preludes Op. 100

    Mieczysław Weinberg

    Mieczysław Weinberg wurde 1919 in Warschau geboren. Er war ein sowjetischer Komponist polnisch-jüdischer Herkunft. Er kam schon früh mit Musik in Berührung und begann bereits im Alter von 12 Jahren, Klavier am Konservatorium der Musikakademie Warschau zu studieren. Nach dem deutschen Überfall auf Polen 1939 brach er sofort seine Studien ab und floh über Minsk und Taschkent nach Moskau. Seine Familie wurde aufgrund der jüdischen Herkunft ermordet. Er wurde in der Sowjetunion von nun an Moisej Samulowitsch Wajnberg genannt. Zunächst ging er nach Minsk und studierte dort Komposition. 1943 schickte er seine erste Sinfonie an Dmitri Schostakowitsch, der ihn daraufhin nach Moskau einlud.

    Noch im selben Jahr ließ sich Weinberg dort nieder und lebte bis zu seinem Tode in der russischen Hauptstadt als freischaffender Komponist. 1948 starb sein Schwiegervater Solomon Michoels bei einem vermeintlichen Autounfall, der von der Moskauer Geheimpolizei inszeniert wurde. Im selben Jahr wurde er wegen formalistischer Tendenzen gerügt. 1953 wurde er inhaftiert, weil er angeblich die Errichtung einer jüdischen Republik auf der Krim propagiert habe. Sein lebenslanger Freund und Mentor Schostakowitsch setzte sich daraufhin mit einem für die Zeit sehr mutigen Brief für ihn ein, seine Freilassung erfolgte letztlich jedoch aufgrund von Stalins Tod.

    Die Oper ‚Die Passagierin‘ gilt als sein Hauptwerk. Es ist die Geschichte einer Auschwitz-Überlebenden, die „ihrer“ KZ-Aufseherin nach dem Krieg auf einem Ozeandampfer wiederbegegnet. Das 1968 fertiggestellte Werk des Komponisten wurde erstmals 2006 konzertant in Moskau uraufgeführt und erlebte 2010 – also 42 Jahre nach Fertigstellung – seine szenische Weltpremiere als Oper bei den Bregenzer Festspielen. Weinberg komponierte zudem eine große Anzahl von Filmmusiken.

    Bevor Weinberg Werke veröffentlichte, zeigte er sie immer erst Schostakowitsch. Das galt auch umgekehrt. Es ist auch bekannt, dass sie sich gegenseitig zum Komponieren animierten, so lieferten sie sich quasi einen kleinen privaten Wettbewerb um Streichquartette. Unverkennbar ist der Einfluss jüdischer Folklore, der sich in charakteristischen Intervallschritten manifestiert. Die hohe strukturelle Bedeutung von Quarten und Quinten verweist dagegen eher auf Paul Hindemith. Allerdings ist teilweise auch ein Bezug von Weinbergs Musik zur Romantik zu erkennen; so zitiert er beispielsweise in seiner 21. Sinfonie „Kaddish“ das Thema der 1. Ballade in G-Moll von Frédéric Chopin.

    Oft mutet Weinbergs Musik eher klassizistisch an. Nach einigen recht modernen ersten Kompositionen sind seine Werke später eher durch eine klare Tonalität gekennzeichnet. In späten Werken weitet Weinberg das tonale Idiom beträchtlich aus und schreibt eine eher introvertierte, persönliche Musik. Viele seiner Werke setzen sich mit der Thematik des Krieges auseinander. Seine letzten Werke hingegen, besonders die Kammersinfonien, sind teilweise von ungewöhnlicher Heiterkeit erfüllt und kehren wieder zu eingängiger Melodik und klarer Tonalität zurück. Er schrieb sieben Opern, 21 Symphonien, 4 Kammersymphonien, 17 Streichquartette, sechs Klaviersonaten, ein Violinkonzert, ein Cellokonzert, zwei Flötenkonzerte, ein Klarinettenkonzert und ein Trompetenkonzert.

    Gidon Kremer

    Gidon Kremer wurde 1947 in Riga geboren. Er ist ein lettisch-deutscher Violinist und Autor. Er erhielt ab dem Alter von vier Jahren im häuslichen Kreis Musikunterricht von Vater und Großvater. Im Alter von sieben Jahren besuchte er das Konservatorium von Riga, bereits mit Sechzehn wurde er mit dem Ersten Preis der Lettischen Sowjetrepublik ausgezeichnet.
    Mit 18 Jahren ging er dann an das Moskauer Konservatorium, wo er Schüler von David Oistrach wurde. Er gewann mehrere renommierte Wettbewerbe.

    1975 gab Kremer sein erstes Konzert in (West-)Deutschland, und 1977 in den USA. 1980 blieb er länger im Westen, als sein sowjetisches Visum ihm erlaubte. Kremer entschied sich, nicht mehr in die UdSSR zurückzukehren. 1981 gründete Kremer das Kammermusikfest Lockenhaus, das seitdem jedes Jahr im Sommer stattfindet, seit 1992 unter dem Namen Kremerata Musica. 1997 gründete er das Streichorchester Kremerata Baltica mit jungen Musikern aus den baltischen Staaten. Im selben Jahr wurde er zum künstlerischen Leiter des Festivals in Gstaad ernannt. Seit 2002 ist er künstlerischer Leiter des Basler Festivals ‚les muséiques‘ und ist außerdem im künstlerischen Beirat der Kronberg Academy. Seit 2004 veranstaltet er Ende Juni/Anfang Juli mit der Kremerata Baltica ein Festival in der lettischen Stadt Sigulda.

    1993 veröffentlichte Kremer das Buch ‚Kindheitssplitter‘, 1997 ‚Obertöne‘, 2003 ‚Zwischen Welten‘ und 2013 ‚Briefe an eine junge Pianistin‘. Diese Bücher enthalten autobiografische Erzählungen und Auseinandersetzungen mit künstlerischen Themen. Kremer hat mit zahlreichen bedeutenden Orchestern und Dirigenten wie z. B. Leonard Bernstein, Herbert von Karajan, Christoph Eschenbach, Nikolaus Harnoncourt, Lorin Maazel, Riccardo Muti, Zubin Mehta, James Levine, Valery Gergiev, Claudio Abbado oder Sir Neville Marriner gespielt und über 100 CDs eingespielt. Er spielte darauf immer wieder Werke zeitgenössischer Komponisten ein, einen großen Teil auch als Uraufführung.

    Es handelt sich bei diesen Aufnahmen um Gidon Kremers Transkription der Weinberg-Präludien für Cello. Diese 24 Präludien für Cello von Mieczysław Weinberg haben eine besondere Geschichte. Er komponierte sie Ende der sechziger Jahre für Mstislav Rostropovich, der sie jedoch nie spielte. Die musikalische Sprache dieser Präludien ist oft brutal, provokant und von einer inneren Zerrissenheit geprägt. Gidon Kremer hat nun diese Präludien für Solovioline adaptiert und diese Aufnahme ist die erste Einspielung seiner Adaption. In seinen Konzerten spielt er sie bereits zu Projektionen von Bildern des Fotografen Antanas Sutkus.

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    Daniel Sloss – Jigsaw

    Daniel Sloss wurde 1990 in der Nähe von London geboren, wuchs allerdings in Schottland auf. Er ist Komiker, Schauspieler und Schriftsteller. Sloss war bereits als Teenager auf der Bühne und auch im Fernsehen zu sehen. Daniel Sloss war der jüngste Komiker, der im Alter von 19 Jahren ein Solo-Programm im Londoner West End spielte. Er tourte anschließend weltweit und war schließlich auch im US-Fernsehprogramm mit mehrfachen Auftritten in den Sendungen ‘Conan’ und ‘The Late Late Show’ mit Craig Ferguson zu sehen. 2018 veröffentlichte Netflix ein zwei-Stunden-Comedy-Special unter dem Titel ‘Daniel Sloss – Live Shows’ mit den Programmen ‘DARK’ und ‘Jigsaw’. ‚DARK‘ haben wir bereits in Episode 272 besprochen, hier soll es nun um ‚Jigsaw’ gehen.

    Verkostet

    Teeling 15

    Wir sind mal wieder in Irland unterwegs! Im Jahre 1782 errichtete Walter Teeling eine Distillery in Dublin. Es folgten viele Besitzerwechsel. 1987 eröffnete John Teeling, ein Nachkomme von Walter Teeling, eine Brennerei in Cooley. Die Söhne Jack und Stephen arbeiteten mit ihrem Vater in der Distillery, bevor sie sie 2011 an Beam Suntory verkauften. Im Rahmen dieses Verkaufs verhandelten die Teelings den Kauf von befüllten 16.000 Fässern. Mit diesen Beständen startete Teeling Whiskey im Jahr 2012. Im Jahr 2015 gründeten die Teelings dann eine neue Whiskey-Brennerei im Newmarket Square in Dublin – nicht weit von der Stelle, wo die ursprüngliche Teeling Distillery einmal stand. Die Brennerei beschäftigt heute rund 55 Mitarbeiter und exportiert in 44 Länder. Wir haben diesmal den 15-jährigen Single Malt der Brennerei aus Dublin verkostet. Er wird mit 46% abgefüllt und ist weder gefärbt noch kühlgefiltert.

  • Sarah Kuttner, Dave Brubeck Quartet, Chilling Adventures Of Sabrina und Slyrs 12

    Wir machen uns zum 293. Mal auf die kulturellen Socken und besprechen diesmal ‚Kurt‘ von Sarah Kuttner, ‚Time Out‘ vom Dave Brubeck Quartet, ‚Chilling Adventures of Sabrina‘ und den 12-jährigen Slyrs.

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    Sarah Kuttner – Kurt (S. Fischer Verlag)

    Sarah Kuttner wurde 1979 in Berlin geboren und ist Autorin und Moderatorin. Sie wurde mit ihren Sendungen ‚Sarah Kuttner – Die Show‘ bei VIVA und ‚Kuttner.‘ bei MTV bekannt und arbeitete mehrfach für die ARD. Für zdf.neo hat sie das Magazin ‚Bambule‘ und die Talkshow ‚Kuttner plus Zwei‘ moderiert. Seit 2016 produziert und moderiert sie die monatliche Veranstaltungsreihe ‚Kuttners schöne Nerdnacht‘. Seit 2017 moderiert sie gemeinsam mit Stefan Niggemeier den Podcast ‚Das kleine Fernsehballett‘ auf Deezer. Ihre Kolumnen für die Süddeutsche Zeitung und den Musikexpress wurden im Fischer Taschenbuch Verlag veröffentlicht. Ihr erster Roman ‚Mängelexemplar‘ erschien 2009 und stand wochenlang auf der Bestsellerliste. Danach erschienen die Romane ‚Wachstumsschmerz‘ im Jahr 2011 und ‚180 Grad Meer‘ im Jahr 2015, welches wir in Episode 145 besprochen haben.

    Lena hat mit ihrem Freund Kurt ein Haus gekauft. Es scheint, als wäre ihre größte Herausforderung, sich an die neuen Familienverhältnisse zu gewöhnen, daran, dass Brandenburg nun Zuhause sein soll. Doch als der kleine Kurt bei einem Sturz stirbt, bleiben drei Erwachsene zurück, deren Zentrum in Trauer implodiert. 

    Dieser Roman erzählt von einer ganz normalen und somit natürlich auch von einer komplizierten Familie, davon, was sie zusammenhält, wenn das Schlimmste passiert. Der Roman erzählt von dieser Tragödie, die so einfach und naturgemäß doch so kompliziert ist. Es geht um die Suche nach Familie, der Sehnsucht nach dem richtigen Ort und darüber, dass nichts davon planbar ist.

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    Dave Brubeck QuartetTime Out

    The Dave Brubeck Quartet war ein Jazz-Quartett, welches 1951 von Dave Brubeck am Piano zusammen mit Paul Desmond am Saxophon gegründet wurde.

    Im Jahr 1958, nach verschiedenen Schlagzeugern und Bassisten, formiert sich das so genannte ‚Classic Quartet‘, das sich aus Dave Brubeck, Paul Desmond, Joe Morello am Schlagzeug und Eugene Wright am Bass zusammensetzte und bis zur Auflösung der Band Bestand hatte. 1959 veröffentlichte das Quartett sein berühmtes Album ‚Time Out‘. Ein Höhepunkt für die Gruppe war ihr Live-Album aus dem Jahr 1963, ‚At Carnegie Hall‘, das von Kritiker Richard Palmer als der beste Auftritt dieses Quartetts bezeichnet wurde. 1967 löste sich das Quartett auf und traf nur für das 25-jährige Jubiläum im Jahr 1976 noch einmal zusammen.

    Das Album ‚Time Out‘ wurde 1959 veröffentlicht. Der Name der LP leitet sich von den ungewöhnlichen ungeraden Taktarten wie z. B. 5/4 oder 9/8-Takt ab, schaltet also den überwiegenden 4/4-Takt, die ‚Time‘ aus. Ungerade Taktarten waren das Markenzeichen des Quartetts. Das Album entstand in den Columbia Studios an der 207 E/30th Street in New York. Diese Tonstudios gehörten der CBS, auf deren Label das Album auch erschien. Der erste Song ‚Blue Rondo à la Turk‘ beginnt im 9/8-Takt, wobei die 9 Schläge als 2+2+2+3 gruppiert sind. Das Stück wechselt in einem Übergangs-Chorus zwischen 9/8 und 12/8, bleibt für die Improvisationen im 12/8-Takt, und kehrt über einen Übergangschorus wieder zum Thema im 9/8-Takt zurück. ‚Take Five‘ ist wie der Name des Titels schon vermuten lässt im 5/4-Takt gehalten. ‚Three to Get Ready‘ wechselt alle zwei Takte zwischen dem 3/4-Takt und 4/4-Takt. Teils übernimmt im 3/4-Takt Dave Brubeck das Thema und im 4/4-Takt Paul Desmond.

    ‚Kathy’s Waltz‘ beginnt im 2/2-Takt, die dann in den 3/4-Takt übergeht und in einem letzten Chorus in den 6/8-Takt, um dann das Schlussthema im 3/4-Takt zu bringen. Auch dieses Stück wurde wie schon ‚Take Five‘ und ‚Blue Rondo à la Turk‘ ein Standard. ‚Everybody’s Jumpin’‘ ist hauptsächlich im 6/4-Takt gehalten, steht anfänglich und im Wechsel im 4/4-Takt, während ‚Pick Up Sticks‘ in einem beständigen 6/4-Takt verbleibt.

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    Chilling Adventures Of Sabrina

    ‚Chilling Adventures of Sabrina‘ ist eine US-amerikanische Horrorserie von Roberto Aguirre-Sacasa. Die Serie basiert auf der gleichnamigen Comicbuchreihe, die durch Archie Horror seit 2014 veröffentlicht wurde. Die Netflix-Produktion wird häufig, fälschlicherweise, als düsteres Remake der Fernsehserie ‚Sabrina – Total Verhext!‘ bezeichnet, basiert allerdings stattdessen auf der Comicbuchreihe ‚Sabrina the Teenage Witch‘. Die ersten zehn Episoden wurden 2018 veröffentlicht, die restlichen neun Episoden der ersten Staffel 2019. Im Dezember 2018 verkündete Netflix die Produktion einer zweiten Staffel mit 16 Episoden, die, genau wie die erste Staffel, in zwei Teile geteilt werden wird.

    Die Serie handelt von der Halbhexe Sabrina Spellman, die ihre Identität als verwaiste Tochter eines Hexenmeisters und einer sterblichen Mutter finden muss. Dabei muss sie sich dunklen Kräften und Dämonen stellen, die ihr und ihrer Familie in der normalen Welt gefährlich werden. Sabrina lebt in Greendale mit ihren Tanten Hilda, Zelda und ihrem Cousin Ambrose. Sie besucht die Baxter Highschool. Dem Schulleiter ist Sabrina ein Dorn im Auge. Nebenbei besucht Sabrina auch die Akademie der Unsichtbaren Künste, wo sie zur Hexe ausgebildet wird. Dort muss sie sich mit Prudence Night, die einen Groll gegen Sabrina hegt, Agatha und Dorcas rumärgern. Zu Sabrinas Gegenspielern gehören außerdem der Hohepriester Pater Blackwood und der Dunkle Lord, der Teufel selbst. Verbündete hat Sabrina in ihrem Mitschüler Nicholas Scratch. Dann ist da noch ihre Lehrerin Mary Wardwell, die in Wahrheit Lilith, die Mutter der Dämonen ist, die Sabrina auf die Seite des Dunklen Lords ziehen will.

    Verkostet

    Slyrs 12 43%

    Slyrs ist eine Destillerie für Whisky in Schliersee im bayerischen Oberland, in der Nähe der österreichischen Grenze. Die Brennerei ist der größte Single-Malt-Hersteller Deutschlands. Der Name Slyrs leitet sich von Slyrse ab, dem altbairischen Namen für den Schliersee und das gleichnamige Kloster. Der Single Malt wird im Pot-Still-Verfahren zweifach destilliert. Stand August 2014 werden in der Brennerei 70.000 Liter Whisky pro Jahr produziert. Als Rohstoff dient Gerstenmalz, das zum Teil mit Buchenholz geräuchert wird.

    Wir haben den 12-jährigen mit 43% verkostet. Dieser Malt ruht mindestens 12 Jahre in Bourbon-Fässern, in denen zuvor bereits Slyrs Single Malt lag. Er ist weder gefärbt noch kühlgefiltert.

  • Berni Mayer, Stella Donnelly und Hannah Arendt

    In unserer 292. Episode lasen wir ‚Ein gemachter Mann‘ von Berni Mayer, hörten ‚Beware of the Dogs‘ von Stella Donnelly und sahen den Film ‚Hannah Arendt‘.

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    Berni Mayer – Ein gemachter Mann (Dumont)

    Berni Mayer ist 1974 geboren, und zwar in Mallersdorf. Dieser Ort liegt in Niederbayern, ca. 30 km von Regensburg und Landshut entfernt. Er lebt als Journalist, Musiker, Übersetzer und Moderator eines wunderbaren Podcasts namens ‘Brennerpass‘ in Berlin. Er war Redaktionsleiter bei MTV- und VIVA-Online und hat für Virgin Records gearbeitet. Er schreibt u. a. für das Musikmagazin ‘Rolling Stone’ und bloggt auf bernimayer.de über Fußball, Filme. Bei Twitter findet man ihn als @stburnster. 2012 bis 2014 erschien seine dreibändige Krimireihe um den arbeitslosen Musikjournalisten und Detektei-Erben Max Mandel. ‘Rosalie’ war sein literarisches Debüt. Wir lasen es in Episode 237 Wir haben es also mit dem zweiten Roman von Berni Mayer zu tun.

    Es geht in diesem Roman um Robert Bley. Die Schule ist vorbei, endlich kann Robert weg von zu Hause, weg von der Gärtnerei des Vaters, und das tun, was er schon immer tun wollte. Was auch immer das sein soll. Auf jeden Fall in die Stadt ziehen und studieren, eine eigene Wohnung finden, neue Freunde, eine neue Band – und vor allem: die richtige Freundin, am besten eine Psychologin. Mit Antonia erlebt er seine eigene sexuelle Revolution. Seine Band ‚Herman Lush‘ hat tatsächlich Erfolg, Robert wird gefragter Barkeeper. Und auch das Lehramtsstudium ödet ihn zwar an, fällt ihm aber einigermaßen leicht. Besser kann es im Grunde gar nicht mehr werden. Dann aber beschließt das Leben kurzerhand und radikal, die Erfolgs- und Abenteuerspur in die andere Richtung zu lenken.

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    Stella DonnellyBeware of the Dogs

    Stella Donnelly ist eine Sängerin und Songwriterin aus Perth in Australien. Geboren wurde sie allerdings in der Nähe der walisischen Hauptstadt Cardiff in Wales und wuchs bei die ersten zehn Jahre in der Nähe von Swansea auf. Danach zog ihre Familie nach Fremantle in Australien.

    ‚Beware of the Dogs‘ ist das Debutalbum der 25-Jährigen Sängerin. Und es geht auf diesem Album u.a. um Feminismus und Kritik an der patriarchalischen Gesellschaft. Der Jingle-Jangle-Gitarrenpop verdeckt fast ein wenig die schwerwiegenden Themen, die sie besingt. Seit diesem Jahr wird sie von einer Band begleitet, sowohl auf Konzerten als auch im Studio auf diesem Album.

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    Hannah Arendt

    Hannah Arendt ist ein Spielfilm von Margarethe von Trotta aus dem Jahr 2012 mit Barbara Sukowa in der Rolle der politischen Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt. Premiere hatte der Film 2012 beim 37. Toronto International Film Festival, der deutsche Kinostart war 2013. Der Film spielt in den Jahren 1960 bis 1964.

    Es geht um den sogenannten Eichmann-Prozess; Hannah Arendt schlägt dem Magazin ‚The New Yorker‘ vor, über den Prozess in Jerusalem zu berichten. 1961 reist sie nach Jerusalem. Sie besucht dort alle wichtigen Gerichtsverhandlungen, in denen sie akribisch alles protokolliert. Der Film baut Originalmaterial in die Handlung ein. Adolf Eichmann entpuppt sich im Verlauf des Prozesses nicht als Monster, sondern eher als ein ziemlich mittelmäßiger Bürokrat, was Hannah Arendt überrascht. Im Laufe des Prozesses wird sie auch Zeugin, wie Überlebende des Holocaust während der Befragung zusammenbrechen. Nach zwei Jahren schreibt Hannah Arendt die Artikelserie, die sofort für einen für sie unerwarteten Skandal in den USA, Israel und in der Welt sorgt. Sie zieht sich aufs Land zurück. Auch viele Freunde kritisieren sie heftig. Vor allem werden Hannah Arendt ihre Anschuldigungen an die Judenräte, mit den deutschen Behörden kooperiert zu haben, ihre These von der ‚Banalität des Bösen‘ und mangelnde Liebe zu den Juden vorgeworfen. Ihre akademische Karriere scheint gefährdet, als sie von Leitern ihrer Universität aufgefordert wird, die Universität zu verlassen. In einer für den Film erfundenen Szene wird sie während eines Waldspazierganges von Agenten des Mossad bedrängt, die Veröffentlichung ihres geplanten Buchs ‚Eichmann in Jerusalem‘ aufzugeben. Hannah Arendt bleibt konsequent bei ihrer Haltung und scheut keine Auseinandersetzungen. Bei ihren Vorlesungen sind die Hörsäle überfüllt, die Studenten hören mit Begeisterung ihre Analysen und unerschrockenen Schlussfolgerungen.

  • Gerhard Henschel, Amanda Palmer, After Life und Kilbeggan 21

    Episode 291, und wir lesen den zweiten Martin-Schlosser-Roman namens ‚Jugendroman‘. Außerdem hörten wir ‚There will be no Intermission‘ von Amanda Palmer, sahen ‚After Life‘ und verkosteten einen 21-jährigen Kilbeggan.

    Gelesen

    Gerhard Henschel – Jugendroman (Hoffmann und Campe)

    Gerhard Henschel wurde 1962 geboren und lebt heute als freier Schriftsteller in der Nähe von Hamburg. Sein Briefroman ‘Die Liebenden’ aus dem Jahre 2002 begeisterte die KritikerInnen ebenso wie die Abenteuer seines Erzählers Martin Schlosser, um den es heute mal wieder gehen soll und von dem wir heute den zweiten von acht Bänden lesen, nämlich ‘Jugendroman’. Er erschien im Jahr 2009. Zusammen ergibt sich dann am Ende eine achtteilige Chronik, die er entlang des Lebens von Martin Schlosser erzählt. Gerhard Henschel ist außerdem Autor zahlreicher Sachbücher und wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

    Martin Schlosser und seine Familie sind mittlerweile von Koblenz nach Meppen gezogen, und er bricht als Dreizehnjähriger in der emsländischen Kleinstadt zu neuen Abenteuern auf, erlebt den die Hitzewelle im Sommer 1975, und steigt tief hinab in die Gräuel der Pubertät und kämpft den Kampf mit einer Welt, die einfach nicht begreifen will, dass er es gut mit ihr meint: Er möchte für Deutschland Tore schießen und in einer großen Liebe die Erfüllung all seiner Träume finden. Ist das zu viel verlangt? Anfänglich sieht es ganz so aus, und am Ende irgendwie auch …

    Gehört

    Amanda PalmerThere will be no Intermission

    Amanda Palmer wurde 1976 in New York City geboren. Sie ist Musikerin, Sängerin und Songwriterin. Sie wurde vor allem als Mitglied des Duos ‚The Dresden Dolls‘ international bekannt. Seit 2008 ist sie als Solokünstlerin tätig. Obwohl sie das Notenlesen nie richtig gelernt hatte, spielte sie bereits als Kind Klavier und komponierte erste Melodien. Im Alter von zehn Jahren kreierte sie ihr erstes Musical. Sie studierte an der privaten Wesleyan University in Middletown, Connecticut. Ende der 90er Jahre lebte Palmer als Studentin der Germanistik einige Auslandssemester lang in Heidelberg und Regensburg. 2008 erschien ihr erstes Soloalbum namens ‚Who Killed Amanda Palmer‘. Der Titel ist eine Anspielung auf die Fernsehserie Twin Peaks, in welcher der Mord an der fiktiven Figur Laura Palmer untersucht wird. 2010 erschien die EP Amanda Palmer Performs the Popular Hits of Radiohead on Her Magical Ukulele, die ausschließlich aus Coverversionen von Liedern der britischen Band Radiohead besteht, die von Palmer auf der Ukulele eingespielt wurden. Mit dem Album feierte Palmer die Emanzipation von ihrer Plattenfirma, nachdem sie nach zwei Jahren zäher Verhandlungen den Vertrag mit der Firma aufgelöst hatte. 2012 nahm sie zusammen mit ‚The Grand Theft Orchestra‘ ihr neues Album ‚Theatre is Evil‘ auf und startete anschließend ein Kickstarter-Projekt zur Finanzierung der Produktions- und Tourkosten durch Albumvorbestellungen der Fans. Letztendlich finanzierten 24.883 Unterstützer mit 1.192.793 US-Dollar Album und Tour, was es zum erfolgreichsten Musik-Crowdfunding-Projekt überhaupt machte. 2014 erschien mit ‚The Art of Asking‘ Amanda Palmers Autobiographie. Mit diesem Buch gelang ihr der Einstieg in die Bestseller-Liste der New York Times. 2016 nahm sie mit ihrem Vater Jack Palmer ein Album auf namens ‚You Got Me Singing‘, das wir in Episode 170 besprochen haben.

    Dieses neue Album vereint Songs, die in den letzten sechs Jahren für Patreon geschrieben wurden, aber auch neue Songs und spiegelt die Zeiten wider, in denen wir leben. Es ist ein offenes und ehrliches Album, auf dem sich Palmer gegen alles was in der Welt vorgeht und gegen alles was in dieser Welt lebt stellt. Produziert wurde es von John Congleton. Die 10 Tracks des Albums werden außerdem mit kurzen Instrumentals von Jherek Bischoff angereichert. ‚There will be no Intermission‘ ist ein Album, das mal wieder in Gänze gehört werden muss. Amanda Palmer ist eine Künstlerin, die sich dafür engagiert, das zu tun zu können, was sie auf dieser Erde am liebsten tut. Und das hört man mal wieder.

    Gesehen

    After Life

    ‚After Life‘ ist eine britische Dark-Comedy-Fernsehserie, die von Ricky Gervais – der auch die Hauptfigur spielt und die Regie führte – geschrieben und produziert wurde. Die Serie ist seit 2019 auf Netflix zu sehen.

    Es geht in dieser Serie um Tony, der ein perfektes Leben hat bevor seine Frau an Brustkrebs stirbt. Nachdem er zunächst über Selbstmord nachgedacht hat, beschließt er lange genug zu leben, um die Welt für den Tod seiner Frau zu bestrafen, indem er buchstäblich sagt und tut was er will. Obwohl er dies als eine Art Supermacht betrachtet, wird die Situation schwierig, weil alle um ihn herum versuchen, ihn wieder zu einem besseren Menschen zu machen.

    Verkostet

    Kilbeggan 21 40%

    Locke’s Distillery oder auch die Kilbeggan Distillery ist eine Whiskybrennerei in der Republik Irland. Der Sitz der Firma befindet sich in Kilbeggan im County Westmeath, nördlich von Dublin. Gegründet im Jahr 1757 gilt die Distillery als die älteste kontinuierlich lizenzierte Whiskeybrennerei der Welt. Von 1957 bis 2007 war die Brennerei jedoch stillgelegt. Die Marke Kilbeggan Irish Whiskey und das alte Brennereigebäude sind Teil der 1987 gegründeten Cooley Distillery, die mittlerweile zu Beam-Suntory gehört.

  • Maxim Leo, Art Blakey & The Jazz Messengers, I called him Morgan und Glenrothes Vintage 21

    In der 290. Folge der wöchentlichen Sendung der Feuilletöne lasen wir ‚Wo wir zu Hause sind‘ von Maxim Leo, hörten ‚Moanin‘ von Art Blakey & The Jazz Messengers, sahen ‚I called him Morgan‘ – wo es um den Trompeter der Messengers geht – und verkosteten einen 21-jährigen Glenrothes.

    Gelesen

    Maxim Leo – Wo wir zu Hause sind (Kiepenheuer & Witsch)

    Maxim Leo wurde 1970 in Ost-Berlin geboren. Er ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften und wurde schließlich Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Kolumnen für die Berliner Zeitung über sprechende Männer und Alterspubertierende und Drehbücher für den Tatort. 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch ‚Haltet euer Herz bereit, eine ostdeutsche Familiengeschichte‘ wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi ‚Waidmannstod. Der erste Fall für Kommissar Voss‘ und 2015 ‚Auentod‘.  Er ist der Enkel des Résistance-Kämpfers und Journalisten Gerhard Leo und Sohn der Historikerin Annette Leo und des Künstlers Wolf Leo.

    Es geht in diesem Buch um die Geschichte einer jüdischen Familie, die auf der Flucht vor den Nazis in alle Winde zerstreut wurde, und deren Kinder und Enkel nach Berlin zurückfinden, in die Heimat ihrer Vorfahren Irmgard und Hans – zwei Berliner Jura-Studenten – die 1934 nach Israel auswanderten und in einem Kibbuz unweit der Golanhöhen ihre Kinder großzogen.

    In England trifft Maxim Leo die Familie von Hilde, die als Schauspielerin in kleinen Theatern in der Berliner Friedrichstraße arbeitete und in jungen Jahren Fritz Fränkel heiratete – er war Gründer der KPD und Freund Walter Benjamins – mit dem sie nach Frankreich emigrierte. Später floh sie mit ihrem Sohn nach London, wo sie es bis zur Millionärin brachte.

    In Frankreich wohnt Maxim Leos Tante Susi, deren Mutter Ilse im Internierungslager Gurs in Frankreich ihre große Liebe kennenlernte und bis zum Kriegsende im Untergrund lebte.

    Maxim Leo ist auf der Suche nach der Vergangenheit seiner Familie. Er entdeckt, dass Zusammengehörigkeit keine Grenzen kennt.

    Gehört

    Art Blakey & The Jazz MessengersMoanin‘

    Arthur William Blakey wurde 1919 in Pittsburgh, Pennsylvania geboren. Er war Jazz-Schlagzeuger und Bandleader. Er verdiente sein Geld zunächst im Bergbau. Musikalisch begann er als autodidaktischer Pianist, bis er in seiner eigenen Band von Erroll Garner abgelöst wurde. Daraufhin wandte er sich dem Schlagzeug zu.

    Im Jahr 1944 schloss sich Art Blakey der neugegründeten Bigband von Billy Eckstine an. Im Sommer 1944 spielten Billy Eckstine and His Orchestra in East St. Louis, Illinois, wo sie in der Besetzung Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Buddy Anderson, Gene Ammons, Lucky Thompson und Art Blakey auftraten. Ihr Zusammenspiel begeisterte einen 18-jährigen jungen Mann namens Miles Davis so sehr, dass er von nun an nichts anderes mehr hören wollte als eben diese Musik.

    Als Billy Eckstine die Band 1947 auflöste, reiste Art Blakey nach Afrika, wo er die nächsten zwei Jahre verbrachte. Die musikalische Erfahrungen dieses Aufenthalts schlugen sich später in Stücken wie ‚Message from Kenya‘, Abdallah’s Delight oder seinen polyrhythmischen Schlagzeugsoli nieder. Weitere Beispiele für diese Einflüsse sind die Alben Holiday for Skins Vol. 1 und Vol. 2.

    Nach seiner Rückkehr in die USA spielte er in vielen Bands und als Begleiter herausragender Solisten, zum Beispiel von Fats Navarro, Thelonious Monk oder eben Miles Davis. Und für Miles Davis entstand auch das Blue Note-Album ‚Miles Davis Volume 2‘, für das Art Blakey einen jungen und unbekannten Pianisten namens Horace Silver hinzuzog.

    Unter dem Eindruck von Charlie Parker, Fats Navarro und Freddie Webster und anderen wurde auch Art Blakey heroinabhängig.

    1955 war es dann so weit, er gründete zusammen mit Horace Silver eine eigene Combo, die Hard-Bop-Band ‚The Jazz Messengers‘. Silver stieg aber bereits 1956 wieder aus und überließ Art Blakey den Bandnamen, so dass aus ‚Horace Silver & the Jazz Messengers‘ nun ‚Art Blakey & the Jazz Messengers‘ wurde. Art Blakey erwartete von seinen jeweiligen Bandmitgliedern, dass sie ihren Beitrag zum Repertoire der Gruppe leisteten. So stammen z.B. die bekanntesten Messengers-Stücke Moanin‘ und Dat Dere aus der Feder des Pianisten Bobby Timmons. Die geschlossensten und auch bekanntesten Formationen aus dieser Zeit – wir sprechen von den späten 50ern, bzw. den frühe 60ern – waren diejenigen mit den Trompetern Lee Morgan und Freddie Hubbard, den Tenorsaxophonisten Benny Golson und Wayne Shorter und den Pianisten Horace Silver, Bobby Timmons und Cedar Walton. Zu Beginn der 1960er Jahre wurden die Messengers außerdem durch die Hinzunahme des Posaunisten Curtis Fuller gelegentlich zum Sextett erweitert. Mit den 80er Jahren begann die letzte Phase der Band. In dieser Zeit war u.a. Wynton Marsalis Teil der Band. Blakey starb 1990 an Lungenkrebs.

    Moanin’ wurde 1958 aufgenommen und im 1959 veröffentlicht. Es gilt als eines der Jazz-Alben schlechtin. Das Album hatte zunächst einen anderen Titel, aber die sofortige Popularität des Bobby Timmins-Stückes ‚Moanin’‘ sorgte dafür, dass das Album unter eben diesem Titel bekannt wurde. Die anderen Stücke wurden vom Saxophonisten Benny Golson geschrieben, der nur dieses eine Album mit ihnen aufnahm. Alle Stücke bis auf die ‚Drum Thunder Suite‘ wurden Erkennungszeichen der Jazz-Messengers. Dieses Album ist anspruchsvoller, moderner Jazz aus dem Jahre 1959.

    Gesehen

    I called him Morgan

    Es geht in diesem Film um Lee Morgan – genau der, von dem schon bei ‚Gehört‘ die Rede war. Er wurde 1938 in Philadelphia geboren. Die in diesen Zeiten der faktischen Rassentrennung fast ausschließlich von schwarzen Schülern besuchte Mastbaum High School, die Lee Morgan besuchte, war für ihren musikpädagogischen Schwerpunkt bekannt. Und Morgan galt als ausgesprochenes Wunderkind. Tatsächlich war Morgan schon mit 18 Jahren prominentes Mitglied der Big Band von Dizzy Gillespie. Bei einem Konzert der Gillespie-Band wurden die Besitzer des aufstrebenden Plattenlabels Blue Note Records auf den jungen Virtuosen aufmerksam und nahmen ihn unmittelbar darauf unter Vertrag. 1958 verließ er Gillespies Band, um sich den Jazz Messengers von Art Blakey anzuschließen. Die Messengers-Besetzung mit Morgan wird allgemein zu den besten in der über dreißigjährigen Geschichte dieses stilbildenden Ensembles gerechnet, und mit Sicherheit stammt eines der bekanntesten Solos der Bandgeschichte von ihm: Am 30. Oktober 1958 spielten die Messengers die Studio-Version von ‚Moanin’‘ ein. Sein Solo wurde stilprägend und mit dem fast genau 30 Jahre älteren Louis Armstrong auf einem Level verglichen.

    I Called Him Morgan ist ein schwedisch-amerikanischer Dokumentarfilm aus dem Jahr 2016, der von Kasper Collin geschrieben und inszeniert wurde. Er berichtet über das Leben des Jazztrompeters Lee Morgan und seiner Frau Helen Morgan, die im Februar 1972 für seinen Mord verantwortlich war. ‚I called him Morgan‘ hatte am 24. März 2017 in den USA Premiere. Die New York Times nannte den Film „ein zartes menschliches Drama über Liebe, Ehrgeiz und Ruhm in der Musik“. Seit 2017 kann man den Film nun auch bei Netflix sehen.

    Verkostet

    Glenrothes Vintage 21

    Glenrothes ist eine Whiskybrennerei am Ortsrand von Rothes in der Speyside. Die Brennerei wurde 1878 durch James Stuart & Co. gegründet. Sie war nach Glen Grant die zweite Destillerie im Ort. Die Produktion von Whisky begann 1879, an dem Tag als die erst zwei Jahre zuvor erbaute Firth-of-Tay-Brücke bei Dundee einstürzte. 1887 kam die Brennerei zu Highland Distillers. Ein Feuer zerstörte 1922 das Lagerhaus Nr. 1 mit rund 2.500 Fässern Whisky. Der brennende Whisky floss in den Burn of Rothes, der mitten durch den Ort läuft. 1963 wurde die Anzahl der Brennblasen von vier auf sechs, 1980 auf acht und 1989 auf zehn erhöht. Wir haben es diemal mit einem 21-jährigen Single Malt zu tun, der nicht gefärbt wurde.